Gigerheimat: Marketing

 

Wachstumsmarkt 55plus?

Andreas Giger in einem Online-Interview mit dem Institut für Marketing und Handel der Universität St.Gallen

August 2005

 

Frage 1: Wie schätzen Sie die Bedeutung der Generation 55plus für die deutsche Hersteller- und Handelslandschaft (derzeit und in Zukunft) ein?

Objektiv handelt es sich bereits heute um ein gewichtiges Marktsegment, und diese Bedeutung wird sich noch verstärken. Die subjektive Bedeutung entspricht noch längst nicht immer der objektiven, doch das wird sich ändern.

Frage 2: Wie sollte eine zielgruppenspezifische Marktbearbeitung vollzogen werden?

Es gibt keine Zielgruppe 55plus, ebenso wenig wie eine 50plus oder 60plus. Erstens vermischen sich dabei (noch) zwei Generationen mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen und Prägungen (die Vorkriegsgeneration mit einer primären Mangelerfahrung, und die "Baby Boomer" mit ihrer Prägung in der Hochkonjunktur). Zweitens verschwinden die Unterschiede bezüglich Bildung, sozialer Schicht etc. im Alter nicht einfach. Drittens ist keine Generation so sehr individuell verschieden wie die ältere (junge Menschen sind Konformisten, Eigenheiten werden im Alter immer stärker). Viertens gibt es nur wenig Marktbedürfnisse, die direkt etwas mit dem höheren Alter zu tun haben.

Frage 3: Worin liegen aus Ihrer Sicht die grössten Chancen/Herausforerungen bei der Ansprache der Generation 55plus?

Die Chancen sind klar: Es handelt sich um ein wachsendes Marktsegment mit überdurchschnittlich viel Marktressourcen (Zeit, Aufmerksamkeit, Geld). Und es handelt sich dabei um Konsumenten, die wissen, was sie wollen, und denen man kein X für ein U vormachen kann. Genau darin liegt die grösste Herausforderung: Reife Konsumenten wollen reife Leistungen!

Frage 4: Worin liegen die grössten Gefahren/Bearbeitungsbarrieren?

In mangelndem Respekt vor der Individualität der Kunden. Wenn man reifere Menschen in eine Schublade (55plus, Senioren u.ä.) steckt, statt sie als Menschen mit eigenen Werten und Erwartungen zu respektieren, fühlen sie sich nicht ernst genommen.

Frage 5: Welche Learnings haben Sie daraus konkret abgeleitet?

"Kein Senioren-Marketing, bitte!"

Frage 6: Zu welchen konkreten Massnahmen würden Sie Hersteller- bzw. Handelsunternehmen raten?

Mitarbeiterstab: Erfahrungswissen aufwerten, die spezifischen Kompetenzen reiferer MitarbeiterInnen nutzen und fördern. Am besten sind Teams, die Jung und Alt vereinen.

Outletgestaltung: Die spezifischen reduzierten Sinnesleistungen im Alter sind längst bekannt, auch wie man darauf eingehen könnte. Man muss es nur noch tun!

Regal- und Sortimentsgestaltung: Dass man, wenn man reifere Kunden anspricht, Produkte nicht so platziert, dass sie ausgewachsene turnerische Leistungen verlangen, versteht sich (eigentlich) auch von selbst.

Zusätzliche Serviceleistungen: Reife Konsumenten wissen genau, was sie wollen, und sie können und wollen darüber auch reden. So man sie denn fragt...

Frage 7: Welche Branchen sind aus Ihrer Sicht bei der Bearbeitung dieses Kundensements schon fortgeschritten?

Wirklich fortgeschrittene Branchen sehe ich keine, es gibt allenfalls einzelne geglückte Beispiele.

Frage 8: Was sollten Hersteller und Handel bei der Ansprache der Generation 55plus allgemein beachten? Was sollten sie auf jeden Fall vermeiden?

Nicht Experten fragen, sondern direkt ihre eigenen reifen Kunden.

Frage 9: Welche Positionierungs- und Differenzierungsmöglichkeiten bietet die Generation 55plus aus Ihrer Sicht?

Wer die reifen Märkte überzeugt, überzeugt auch alle anderen.

Frage 10: Welche (neuen) Wertschöpfungskonzepte sind aus Ihrer Sicht geeignet, um das Wachstumspotenzial der Generation55plus auszuschöpfen?

Alle Konzepte, die die Versprechungen des Marketings ernst nehmen und (endlich) wirklich die Kunden und ihr Bedürfnisse, Wünsche, Erwartungen und Träume in den Mittelpunkt stellen. Es gibt keine besseren Partner für ernsthafte Marktdialoge als die reifen Kunden.

 

 

 

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